Erfolg des Job-Turbos: Deutlicher Anstieg bei der Beschäftigung Zugewanderter, steigende Arbeitslosenzahlen und gesunkene Kurzarbeit

von Ralph Lauhoff-Baker

Die Agentur für Arbeit und das Jobcenter Arbeitplus Bielefeld ziehen gemeinsam Bilanz zum Arbeitsmarkt 2024: die konjunkturelle Entwicklung schlägt sich in einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen nieder, der Arbeitsmarkt zeichnet sich aber auch durch eine hohe Dynamik aus. Bielefeld verzeichnet zudem einen deutlichen Anstieg der Beschäftigung von Zugewanderten.

 

Arbeitslosigkeit

In Bielefeld lag 2024 die Arbeitslosenzahl durchschnittlich bei 16.534 Personen. Dies sind alle Bielefelderinnen und Bielefelder, die Bürgergeld (SGB II) und Arbeitslosengeld (SGB III) beziehen und zudem dem Arbeitsmarkt zu Verfügung stehen. Die Zahl ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 1.300 Personen (plus 8,5 Prozent) gestiegen. Dem zu Folge steigt auch die durchschnittliche Arbeitslosenquote von 8,2 Prozent in 2023 auf 8,5 Prozent im Jahr 2024. „Der größte Anstieg ist dabei auf die Arbeitslosenversicherung zurückzuführen“, sagt Wolfgang Draeger, Leiter der Agentur für Arbeit Bielefeld. Hier ist ein Anstieg von 705 Personen (plus 16,5 Prozent) im Vergleich zu 2023 zu verzeichnen. Die Zahl der Bürgergeldempfänger ist dagegen um 5,5 Prozent angestiegen. „Auffällig ist, dass aktuell auch ein höherer Bildungsabschluss nicht vor einer Arbeitslosigkeit schütz, somit die Betriebe auch Fachkräfte freisetzen“, so Draeger. Grundsätzlich gelte aber weiterhin: je höher der Schul- bzw. Berufsabschluss ist, desto geringer sei die Wahrscheinlichkeit arbeitslos zu werden bzw. längerfristig ohne Beschäftigung zu bleiben. „Wir haben weiterhin eine hohe Dynamik auf dem Arbeitsmarkt. Sowohl die Zugänge in aber auch die Abgänge aus der Arbeitslosigkeit sind gestiegen. So haben allein in Bielefeld im letzten Jahr 1.010 Personen mehr ihre Arbeitslosigkeit aufgrund eines neuen Jobs beendet als noch 2023“, unterstreicht Günter Michaelis, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Bielefeld. Insgesamt waren es 2024 9.654 Personen.

In den Statistikzahlen zur Jugendarbeitslosigkeit werden alle Personen zwischen 15 und 25 Jahren geführt, die ohne Job, Ausbildungsstelle oder Studium sind. Binnen Jahresfrist erhöht sich die Zahl um 207 auf 1.451 Personen. Dabei entfallen 64 Jugendliche auf die Arbeitslosenversicherung und 143 auf das Bürgergeld.

 

Job-Turbo für Geflüchtete

"Der Job-Turbo für Geflüchtete ist ein Erfolg", betont der Geschäftsführer des Jobcenters Arbeitplus Bielefeld, Marc-Sebastian Alex. "2024 konnten wir große Fortschritte bei der Arbeitsmarktintegration der zugewanderten Menschen aus der Ukraine und den großen Asylherkunftsländern erzielen." Die Zahl der Integrationen Bürgergeldbeziehender aus der Ukraine in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stieg 2024 deutlich um 305 Prozent, von Geflüchteten aus den acht größten Asylherkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien) um 9,2 Prozent. Diese Integrationen erfolgten vor allem in Branchen mit Fachkräftemangel, darunter das Gesundheits- und Sozialwesen sowie der Bereich Transport und Logistik. Auch im Ausbildungssektor konnte die Nachfrage teilweise durch Zugewanderte gedeckt werden.

 

Unterbeschäftigung

Neben den aktuell dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Personen werden in der sogenannten Unterbeschäftigung auch jene Kundinnen und Kunden mitgezählt, die ebenfalls erwerbslos sind, aus unterschiedlichen Gründen – durch Mutterschutz, eine Bildungsmaßnahme, einen Sprachkurs oder aus gesundheitlichen Gründen – derzeit allerdings keinen Job antreten können. Hier liegt der Jahresdurchschnitt 2024 in Bielefeld bei 20.887 Personen und die Quote bei 11,0 Prozent. Dies ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 488 Personen bzw. 0,2 Prozentpunkte.

 

Arbeitsstellen

Trotz der weiterhin angespannten wirtschaftlichen Situation in Bielefeld steigt die Anzahl der neu gemeldeten offenen Arbeitsstellen nach einem Rückgang im Jahr 2023 wieder. Diese sind im Jahr 2024 um 9,6 Prozent gestiegen. Der Bestand an ausgeschriebenen offenen Arbeitsplätzen ist dagegen innerhalb des letzten Jahres um 258 auf nun 4.064 Stellen gesunken. „Trotz des Rückgangs haben wir noch immer 497 mehr Stellen im Bestand als zum Beispiel 2019 vor der Pandemie“, so Michaelis.

 

Beschäftigung

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird statistisch immer quartalsweise und wegen möglicher Nachmeldungen von Beschäftigten durch ihre Arbeitgeber auch verzögert abgebildet. Die letzten Zahlen sind somit aus Juni 2024. Hier gab es in Bielefeld 167.251 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. „Die bisherige Rekordmarke lag im März 2023 bei 169.575. Somit waren es im Juni 2024 2.324 Personen weniger. Inwieweit sich hier die Zahlen aufgrund der wirtschaftlichen Situation zum Ende des Jahres 2024 noch weiter verändert haben, müssen wir aufgrund der Nachmeldungen noch abwarten“, erklärt Michaelis.

 

Förderung und Qualifizierung

„Der Fachkräftebedarf bestimmt weiterhin die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt“, so Agenturchef Draeger. Der Schlüssel liegt für ihn dabei in der beruflichen Qualifizierung. Denn die verfügbaren Arbeitskräfte reichen weiterhin nicht aus, um den Bedarf zu decken. So hat allein die Arbeitsagentur in diesem Jahr 1.720 berufliche Weiterbildungen in Bielefeld finanziell unterstützt. Zudem nahmen von Januar bis Dezember 2024 4.288 Menschen an Maßnahmen und Förderungen des Jobcenters teil. Davon entfielen 2.747 auf berufliche Weiterbildung und Aktivierungsmaßnahmen, sowie 745 berufliche Weiterbildungen, darunter 254 abschlussorientierte Qualifizierungen. Besonders gefragt waren Berufe wie Pflegefachkräfte, LKW-Fahrer*innen und Fachkräfte für Schutz und Sicherheit. Diese Qualifizierungen richten sich gezielt nach dem Bedarf des Arbeitsmarktes und stärken Branchen mit großem Personalbedarf. Das Bielefelder Jobcenter legt weiterhin Wert auf ein breites Maßnahmeangebot, welches auf die verschiedenen Unterstützungsbedarfe der unterschiedlichen Kundengruppen abgestimmt ist. So wurden neben den beschriebenen Qualifizierungen auch 2024 über 400 Arbeitsgelegenheiten angeboten sowie 380 Beschäftigung schaffende Maßnahmen wie Eingliederungszuschüsse oder Einstiegsgelder sowie geförderte Beschäftigung nach § 16i und § 16e.

 

Kurzarbeit

Bei der Erhebung der Kurzarbeit besteht ein entscheidender Unterschied zwischen der angezeigten und der realisierten Kurzarbeit. Alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können – wenn sie die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllen – Kurzarbeit für ihre Beschäftigten anmelden. Eine Verpflichtung, diese dann auch umzusetzen, besteht jedoch nicht. „Tatsächlich steht Bielefeld mit seiner dienstleistungsgeprägten Wirtschaft sowohl bei den Anzeigen, als auch bei der Realisierung der Kurzarbeit verhältnismäßig gut da“, erläutert Wolfgang Draeger. Die neuesten Zahlen zu den Anzeigen liegen für November 2024 vor. Hier meldeten sechs Betriebe mit 26 Beschäftigten Kurzarbeit an. Ein Jahr zuvor waren es noch 23 Betriebe mit 350 Beschäftigten. Bei der realisierten Kurarbeit kommt es aufgrund der Nachmeldungen der Arbeitgeber für ihre Beschäftigten ebenfalls zu einer verzögerten Abbildung wie bei der sozialversicherungspflichten Beschäftigung. Die aktuellsten Zahlen gibt es deshalb aus Juni 2024. Hier arbeiteten 1.259 Bielefelder*innen in 62 Betrieben kurz. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor waren es noch 1.481 Bielefelder*innen in 66 Betrieben. „Entgegen dem bundesweiten Trend ist die Kurzarbeit in Bielefeld somit sowohl bei den Anzeigen als auch bei der realisierten Kurarbeit rückläufig“, so Draeger.

 

Finanzielle Entwicklung im SGB II

Die Höhe der zugewiesenen Mittel in der Grundsicherung ist rückläufig. Von 2023 auf 2024 sank das Gesamtbudget des Jobcenters Arbeitplus Bielefeld von 66,2 Mio. € auf 65,1 Mio. €. Im kommenden Jahr erwartet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen deutlich größeren Rückgang auf nur noch 59,9 Mio. € - trotz der gestiegenen Zahl der Bürgergeldbeziehenden und den höheren Personalkosten in der Behörde. 2025 bedeuten die vorgezogenen Neuwahlen und eine vorläufige Haushaltsführung zusätzliche Herausforderungen. "Die Ergebnisse zeigen, dass gezielte Investitionen in Qualifizierung und Integration sowohl den Geflüchteten als auch dem regionalen Arbeitsmarkt zugutekommen. Diese positive Entwicklung möchten wir trotz der finanziellen Herausforderungen auch in den kommenden Jahren fortführen", fasst Alex zusammen.