Geflüchtete Menschen auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt

von Venne Media

Dr. Al Sahli
Angekommen, angenommen, integriert: Von der Odyssee des Krieges ins sichere Labor

Nach sieben Jahren als Auslandsstudent promoviert Herr Dr. Al Sahli 2007 im Fach „Organische Chemie“ an der Universität Paderborn, freut sich auf seine Rückkehr nach Damaskus. Die Station „Auslandsaufenthalt“, das neue Fachwissen sowie Eindrücke einer neuen Kultur bereichern sein Leben in der Heimat – bis der Krieg in Syrien mehr als einen Eindruck hinterlässt. Er flüchtet nach Deutschland, kommt an - und nun?

„Normalität. Ich möchte wieder ein normales Leben führen. Mit meiner Familie, die noch in der Türkei ist. In Sicherheit. Meine Zukunft möchte ich planen dürfen - deshalb hat Normalität für mich auch sehr viel mit Arbeit zu tun. Ein Mensch, der arbeitet, ist selbständig.“

Der Syrer erinnert sich an das erste eigene verdiente Geld als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent: „Ein gutes Gefühl, mein Leben zu organisieren und unabhängig zu sein. Das habe ich vermisst. Deshalb bin ich zum Integration Point gegangen. Informationen waren sehr, sehr wichtig für mich. Ich wollte wissen, was ich tun muss, um wieder Arbeit zu finden. Ich brauchte einen sicheren Plan“.

Der Integration Point als Stütze zur beruflichen Eingliederung stellt für Flüchtlinge vor ihrer Anerkennung ein freiwilliges Angebot dar: Die Agentur für Arbeit, das Jobcenter Arbeitplus Bielefeld, sowie die Stadt Bielefeld bieten in dieser gemeinsamen Einrichtung ein breites Spektrum berufsfördernder Maßnahmen an. Frau Esentepe, Fallmanagerin im Jobcenter Arbeitplus Bielefeld, freut sich deshalb umso mehr über den Besuch ihres einstigen Schützlings:

„Motivation, Kommunikation, Hilfe annehmen - das sind die Schlagworte unserer Arbeit mit Dr. Al Sahli gewesen. Unsere Kunden bringen berufliche Erfahrung mit; diese gilt es mit dem deutschen Arbeitsmarkt in Einklang zu bringen. Diskrepanzen gibt es sicherlich - gemeinsam finden wir das fehlende Puzzleteil.“

Die Puzzleteile tadelloser Bewerbungsunterlagen, sowie maßgeschneiderter Vermarktung der eigenen Stärken nutzte Dr. Al Sahli in seinen Bewerbungsgesprächen. Diese Kontakte stellte Herr Berg als Teil des Arbeitgeberservices der Arbeitsagentur her:

„Dazu gehört auch die Unterstützung des Arbeitgebers in Fragen zur Arbeitserlaubnis – und nicht zuletzt der Kontakt zur Ausländerbehörde. Die Arbeitserlaubnis musste im Fall Dr. Al Sahlis zunächst erteilt werden. Das Ausländeramt als wichtiger Netzwerkpartner des Integration Points hat hier entscheidend mitgewirkt.“

Seit dem 15. August dieses Jahres ist Dr. Al Sahli Teil des Laborteams beim Haller Unternehmen Baxter Oncology, in dem er mit seinen Kollegen Krebsmedikamente analysiert.

Personalleiter Jürgen Fleischer freut sich über den Neuzugang:

„Herr Dr. Al Sahli ist eine Bereicherung für unser Unternehmen: Sein wissenschaftlicher Hintergrund ermöglichte eine schnelle Einarbeitung, während der stetige fachliche Austausch innerhalb des Teams das Wissen auf beiden Seiten bereichert. Neben Fachkenntnissen zählen für uns auch Motivation und Kollegialität: Dr. Al Sahli passt zu uns, Berührungsängste gibt es nicht. Als Arbeitgeber freuen wir uns ebenfalls über die Zusammenarbeit mit dem Integration Point; wir durften Dr. Al Sahli kennenlernen und hatten Möglichkeit, Fragen zur Beschäftigung geflüchteter Menschen zu klären.“

„Ich bin glücklich. Tausend Mal vielen Dank, ich habe Arbeit in meinem Fachgebiet gefunden“, freut sich der Syrer. Und von Zeitplänen spricht er – von mittel- bis langfristigen:

„Durch meine Promotion bin ich überqualifiziert, aber ich gehe Schritt für Schritt. Es ist wichtig, Geduld zu haben und mit den Beratern zusammenzuarbeiten. Zusammen findet man den richtigen Weg. Das ist die Hoffnung, die ich anderen Flüchtlingen geben möchte“.

Der Integration Point Bielefeld ist eine von der Agentur für Arbeit Bielefeld, dem Jobcenter Arbeitplus Bielefeld, und der Stadt Bielefeld getragene Einrichtung. Er verbindet zwei unterschiedliche Rechtskreise:

Geflüchtete gehören als Asylbewerber zunächst dem Kreis SGB III an, bevor sie bei erfolgreicher Anerkennung in den Kreis SGB II aufgenommen werden. Beide Rechtskreise fördern die Integration der Kunden durch Sprachprogramme, berufliche Maßnahmen und Arbeitsvermittlung und unterstützen sich gegenseitig inhaltlich.